Wende im Wolfsmanagement

Wende im Wolfsmanagement

Der Wolf polarisiert: Für die einen ist er Symbol gelungener Wildtier-Rückkehr, für andere eine Bedrohung für Weidetierhaltung, Kulturlandschaft und Sicherheit. Die europäische und deutsche Gesetzgebung stand bislang ganz im Zeichen des strengen Schutzes – doch dieser Schutzansatz kommt zunehmend an seine Grenzen.

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Mit der kürzlich beschlossenen Herabstufung in der Berner Konvention, dem Vorschlag zur Änderung der FFH-Richtlinie durch die EU-Kommission sowie der geplanten Aufnahme des Wolfs ins Bundesjagdgesetz erleben wir gerade entscheidende Weichenstellungen.

Änderung der Berner Konvention: Symbolische und rechtliche Neuausrichtung

Im Februar 2025 hat der Ständige Ausschuss der Berner Konvention den Schutzstatus des Wolfs von Anhang II („streng geschützt“) auf Anhang III („geschützt“) herabgestuft. Damit erkennt das Gremium an, dass die Art in weiten Teilen Europas nicht mehr als gefährdet gilt. Auch wenn die Konvention keine unmittelbare Rechtswirkung in der EU entfaltet, sendet sie ein deutliches Signal: Der Wolf gilt in Europa nicht mehr als vorrangig schutzbedürftig, sondern als regulierbare Art.

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FFH-Richtlinie: Schutzstatus unter öffentlichem Druck

Bisher ist der Wolf in der europäischen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (92/43/EWG) in Anhang IV gelistet – das bedeutet strenger Schutz, mit umfassenden Verboten zur Entnahme. Eine Änderung dieses Status war lange Zeit tabu – bis jetzt.

Am 7. März 2025 hat die Europäische Kommission offiziell einen Vorschlag zur Änderung der FFH-Richtlinie vorgelegt: Der Wolf soll künftig in Anhang V geführt werden – als geschützte, aber grundsätzlich entnehmbare Art. Der Vorschlag muss nun vom Rat der EU (Regierungen der Mitgliedsstaaten) und dem Europäischen Parlament beschlossen werden.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte sich mehrfach öffentlich für eine Neubewertung ausgesprochen. Ziel ist eine realitätsnahe Artenschutzpolitik, die öffentliche Sicherheit, Weidetierhaltung und Artenschutz in Einklang bringt.

Bis zur Umsetzung bleibt der Wolf rechtlich streng geschützt, aber die Kommission signalisiert bereits, dass Ausnahmeregeln nach Artikel 16 der Richtlinie Flora – Fauna – Habitat (FFH) künftig flexibler ausgelegt werden sollen.

Umsetzung in Deutschland: §§ 45 und 45a BNatSchG im Fokus

Mit der Einführung des § 45a Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) im Jahr 2020 hat Deutschland erste Grundlagen geschaffen, um Problemwölfe unter bestimmten Bedingungen entnehmen zu können. In der Praxis haperte es allerdings: Die Verfahren waren langwierig und rechtlich unsicher.

Die Bundesregierung plant nun eine Reform der §§ 45 und 45a BNatSchG, um Entnahmeverfahren zu standardisieren, den Herdenschutzbegriff zu klären und Verfahren zu beschleunigen. Ziel ist eine bundesweit einheitliche, praxisnahe Anwendung – im Einklang mit den neuen EU-Spielräumen; denn die von einigen Bundesländern beschlossenen Wolfsverordnungen führten auch nicht zu einer Abwendung von ernsthaften Schäden der Weidetierhaltung.

Aufnahme ins Bundesjagdgesetz: Rolle der Jägerschaft im Wandel

Parallel dazu soll der Wolf ins Bundesjagdgesetz aufgenommen werden. Dies bedeutet keine generelle Bejagbarkeit, sondern eine Integration in ein behördlich kontrolliertes Wildtiermanagement.

Besonders relevant ist hier Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe e der FFH-Richtlinie, der Ausnahmen vom Schutzstatus aus überwiegendem öffentlichen Interesse erlaubt – etwa zum Schutz der Weidetierhaltung. Eine entsprechende Regelung im Bundesjagdgesetz könnte gezielte Managementabschüsse unter wissenschaftlicher Begleitung und behördlicher Kontrolle ermöglichen.

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Der Wolf ist in Niedersachsen auf dem Vormarsch. Auch im eigenen Revier konnte er im April auf der Wildkamera festgehalten werden. Foto: Christian Teppe

Rechtlicher Hintergrund – Art. 16 Abs. 1 Buchst. e FFH-Richtlinie

„In bestimmten Fällen können Mitgliedstaaten Ausnahmen vom strengen Schutzstatus gewähren, wenn andere überwiegende öffentliche Interessen betroffen sind – etwa der Schutz der Weidetierhaltung, der öffentlichen Sicherheit oder sozioökonomischer Belange. Voraussetzung ist, dass keine zumutbare Alternative besteht und der günstige Erhaltungszustand der Population nicht gefährdet wird. Dieser Passus wird in der künftigen jagdrechtlichen Regelung in Deutschland voraussichtlich eine zentrale Rolle spielen.“

Zeitenwende im Umgang mit dem Wolf

Die Entwicklung der letzten Monate zeigt: Der Schutzansatz für den Wolf wird gesellschaftlich und rechtlich neu bewertet. Mit der Herabstufung in der Berner Konvention, dem EU-Reformvorschlag zur FFH-Richtlinie und geplanten Änderungen im deutschen Jagd- und Naturschutzrecht wird aktives Wolfsmanagement möglich.

Für die Jägerschaft bedeutet das einen Rollenwechsel – vom Beobachter zum aktiven Wildtiermanager. Fachkenntnis, Verantwortung und Zusammenarbeit mit Behörden sind künftig gefragt. Mit der rechtlichen Kenntnis aus unseren Kursen bei jagdleben.com werden unsere Jagdschülerinnen und Jagdschüler sowie die „Alten Hasen“ auch auf diese kommenden Herausforderungen optimal vorbereitet.

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